Schwere Krankheit PIMS zurückgekehrt

Erneut taucht die sel­te­ne, aber schwe­re Erkran­kung PIMS bei Kin­dern und Jugend­li­chen auf. Sie gilt als Fol­ge einer Coro­na-Infek­ti­on, fast 170 Fäl­le sind in Deutsch­land bis­her bekannt. Die meis­ten davon lan­den auf der Inten­siv­sta­ti­on. Doch das Risi­ko ist nicht für alle gleich.

Mit der zwei­ten Coro­na-Wel­le im Win­ter steigt auch in Deutsch­land die Zahl der Kin­der und Jugend­li­chen, die an einer sel­te­nen, aber schwe­ren Krank­heit lei­den. Das Phä­no­men ist als Pedia­tric Inflamm­a­to­ry Mul­ti­sys­tem Syn­dro­me bekannt, kurz PIMS. Dabei wer­den die Orga­ne von einer Über­re­ak­ti­on des Immun­sys­tems heim­ge­sucht. Ein direk­ter Zusam­men­hang mit Covid-19 ist zwar nicht belegt, jedoch taucht das Phä­no­men in der Regel nach einer Sars-CoV-2-Infek­ti­on auf — aller­dings erst zwei bis vier Wochen spä­ter. Fast aus­schließ­lich Kin­der und Jugend­li­che sind davon betroffen.

In Deutsch­land sind bis­her 168 PIMS-Fäl­le gemel­det wor­den, wie aus der zen­tra­len Daten­bank an der Uni­kli­nik Dres­den her­vor­geht, wo im Auf­trag der Deut­schen Gesell­schaft für Päd­ia­tri­sche Infek­tio­lo­gie die PIMS-Fäl­le erfasst wer­den. Die meis­ten PIMS-Fäl­le wur­den dem­nach aus jenen Bun­des­län­dern gemel­det, die auch die meis­ten Covid-19 Fäl­le auf­wie­sen. Ins­ge­samt haben 90 Kli­ni­ken aus fast allen Regio­nen Deutsch­lands Fäl­le gemeldet.

“Die Fäl­le fol­gen ganz klar den Infek­ti­ons­wel­len in Deutsch­land”, sagt Jakob Armann von der Kli­nik für Kin­der- und Jugend­me­di­zin an der Uni­kli­nik Dres­den zu ntv.de. Es habe einen klei­nen Peak im ver­gan­ge­nen April und einen erneu­ten, grö­ße­ren Peak Mit­te bis Ende Dezem­ber 2020 gege­ben. Seit Ende Janu­ar sei die Zahl der gemel­de­ten Fäl­le aller­dings wie­der rück­läu­fig. Bereits wäh­rend der ers­ten Coro­na-Wel­le im ver­gan­ge­nen Früh­jahr tauch­te das Phä­no­men auf — es wur­de zunächst für das ähn­li­che Kawa­sa­ki-Syn­drom gehal­ten. Mitt­ler­wei­le wird PIMS jedoch als eigen­stän­di­ges Syn­drom anerkannt

“Dramatische Erkrankung”

Aller­dings ist PIMS sehr sel­ten. Laut einer bri­ti­schen Stu­die erkrankt etwa eins von 5000 mit Coro­na infi­zier­ten Kin­dern. Gleich­zei­tig han­delt es sich um eine “dra­ma­ti­sche Erkran­kung”, sagt Armann. “In allen Orga­nen fin­det eine Ent­zün­dungs­re­ak­ti­on statt.” Kin­der und Jugend­li­che hät­ten tage­lang hohes Fie­ber, häu­fig zusam­men mit Durch­fall, Bauch­schmer­zen, Erbre­chen, ent­zün­de­ten Schleim­häu­ten und Aus­schlä­gen. Mehr als die Hälf­te der Erkrank­ten muss­te auf der Inten­siv­sta­ti­on behan­delt werden.

Die gute Nach­richt: Eine Behand­lung schlägt in der Regel gut an. Fast 90 Pro­zent der Betrof­fe­nen waren nach Ver­las­sen des Kran­ken­hau­ses voll­stän­dig gene­sen oder auf dem Weg dahin. Nur in Ein­zel­fäl­le konn­ten Fol­ge­schä­den bis­her nicht aus­ge­schlos­sen werden.

Wäh­rend es welt­weit bereits meh­re­re Todes­fäl­le in Zusam­men­hang mit PIMS gab, sind in Deutsch­land bis­her noch kei­ne bekannt. Jedoch kön­ne die Krank­heit, wenn sie unbe­han­delt bleibt, durch­aus töd­lich ver­lau­fen, sagt Armann. Die grö­ße­re Gefahr einer unbe­han­del­ten Erkran­kung sei­en aber lang­fris­ti­ge Fol­gen — etwa ein erhöh­tes Herz­in­farkt-Risi­ko im wei­te­ren Verlauf.

Wor­an Eltern erken­nen kön­nen, dass ihr Kind an PIMS erkrankt ist? Das mar­kan­tes­te Sym­ptom sei hohes Fie­ber, sagt Armann. “Wenn ein Kind ein bis zwei Tage über 38,5 Grad Fie­ber hat, soll­te es immer einem Kin­der­arzt vor­ge­stellt wer­den.” Auf die­se Wei­se wür­de PIMS mit hoher Wahr­schein­lich­keit bemerkt wer­den. Die Schwe­re der vor­an­ge­gan­ge­nen Covid-19-Erkran­kung sei aller­dings kein Indi­ka­tor — auch Kin­der mit leich­ten Coro­na-Sym­pto­men sei­en bereits an PIMS erkrankt, sagt Armann.

Herkunft scheint ein Faktor zu sein

Jun­gen haben laut den Daten aus Deutsch­land zudem ein höhe­res Risi­ko, an PIMS zu erkran­ken als Mäd­chen — dies decke sich mit Beob­ach­tun­gen aus ande­ren Län­dern, so Armann. Etwas mehr als 60 Pro­zent der Betrof­fe­nen waren männ­lich. Auch die Gene schei­nen — wie beim Kawa­sa­ki-Syn­drom — ein Fak­tor zu sein: “Kin­der und Jugend­li­che mit­tel­eu­ro­päi­scher Her­kunft schei­nen ein etwas gerin­ge­res Risi­ko zu haben als jene aus dem afri­ka­ni­schen, ara­bi­schen oder kari­bi­schen Raum”, sagt der Mediziner.

In Groß­bri­tan­ni­en wur­den zuletzt bis zu 100 Kin­der pro Woche mit PIMS ins Kran­ken­haus ein­ge­lie­fert, vie­le muss­ten auf der Inten­siv­sta­ti­on behan­delt wer­den. Auch aus Schwe­den gibt es Mel­dun­gen von gehäuf­ten Fäl­len, eben­so aus den USA. Inter­na­tio­nal ist PIMS auch unter dem Akro­ny­men MIS‑C (Mul­ti­sys­tem Inflamm­a­to­ry Syn­dro­me in Child­ren) bekannt.

Quel­le: ntv.de

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